Volksbegehren nimmt erste Hürde
Initiatoren zeigen sich zufrieden mit dem Verlauf der Aktion
In den vergangenen knapp acht Wochen seit Beginn des Unterschriftensammelns haben im Altkreis Norden bereits mehr als drei mal so viele Menschen das Volksbegehren unterschrieben, als es in der ersten Runde bis November erforderlich ist: Rund 1000 Unterschriften wurden bis zum 1.8.20 gesammelt. „Das ist großartig und wir danken allen, die dazu beigetragen haben!“ sagt Imker Thorsten de Buhr aus Hage.
Das inzwischen über 190 Organisationen umfassende Bündnis Volksbegehren Artenvielfalt.jetzt will die Vielfalt der Natur und ihrer Arten in Niedersachsen erhalten und schützen. Deshalb beantragt es mit einem eigenen Gesetzentwurf Verbesserungen bestehender Landesgesetze. Nutzungseinschränkungen für die Landwirtschaft sollen finanziell in einem Umfang von etwa 40 Mio Euro je Jahr ausgeglichen werden. Konkret geht es um die Rettung der wild lebenden Bienen, von denen 62% im Bestand gefährdet sind und dem Schutz der Hälfte von 11000 niedersächsischen Tier- und Pflanzenarten, die bedroht werden. Seit 1992 sind bundesweit bereits 14 Millionen Brutvögel verschwunden.
Um das Artensterben zu stoppen, werden die Bürgerinnen und Bürger mit dem Volksbegehren aufgerufen, selbst das dafür notwendige Gesetz auf den Weg zu bringen. Die bisherigen Landesregierungen und das Parlament haben sich nicht gegen die wirtschaftlichen Interessen aus Landwirtschaft und Industrie durchsetzen können, um die Artenvielfalt zu retten. Lediglich 10 Prozent aller in Niedersachsen Wahlberechtigten müssen den Gesetzentwurf des Bürgerbegehrens unterzeichnen. Dann muss der Gesetzgeber darüber abstimmen. Lehnt er es ab, kommt es zum Volksentscheid an den Wahlurnen, die ähnlich wie eine Landtagswahl organisiert ist.
Bis zum 13. November diesen Jahres muss das Bürgerbegehren 25.000 gültige Unterschriften nachweisen, sonst ist die Zulässigkeit des Volksbegehrens nicht gegeben. Im Land Niedersachsen hat die Landeswahlleiterin zum 1. August bereits 45.412 gültige Unterschriften gemeldet, so dass im November mit der zweiten Phase des Volksbegehrens begonnen werden kann.
„Diesen Zeitraum lassen wir nicht ungenutzt verstreichen, schließlich sind wir durch Corona beim Sammeln eingeschränkt“, so Alma Seeba vom Nabu. Neben Hunderten ehrenamtlich Aktiven in ganz Niedersachsen setzt sich auch die inzwischen auf rund 40 Männer und Frauen gewachsene Aktionsgruppe im Altkreis Norden jeden Tag sehr engagiert für das Volksbegehren ein. Helmut Freese, Vorsitzender des Imkervereins in Marienhafe: „Wir sammeln nahtlos weiter Unterschriften für ein erfolgreiches Volksbegehren und für besseren Artenschutz in Niedersachsen, denn nur mit dem Volksbegehren können wir echte Verbesserungen für den Artenschutz in Niedersachsen erreichen.“
Wem die Natur und ein besserer Tier- und Pflanzenschutz in Niedersachsen am Herzen liege und wer noch nicht unterschrieben habe, könne sich jetzt mit der Unterschrift unter das Volksbegehren ganz konkret für mehr Artenschutz einsetzen: „Für mehr Lebensraum und Nahrung für Insekten wie Bienen und Schmetterlinge, für das Überleben der Wiesenvögel wie Kiebitz und Feldlerche und dafür, dass Naturschutzgebiete pestizidfrei und Uferzonen an Gewässern besser geschützt werden“, sagt Lara Wunder von VAIR-Ostfriesland, einem Zusammenschluss junger Menschen aus dem Altkreis Norden, die sich im Rahmen der UNO-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen. Jetzt gehe es mit Volldampf in die zweite Runde: Wer mitmachen möchte, schreibt eine Email an altkreisnorden(at)artenvielfalt-niedersachsen.jetzt.
Die überparteiliche Aktionsgruppe ruft auch alle örtlichen Parteien zum Mitmachen auf. Bislang wird im Altkreis Norden das Volksbegehren nur von Bündnis 90 / Die Grünen unterstützt. Für den jetzt angelaufenen zweiten Abschnitt des Volksbegehrens sind in Niedersachsen bis Mitte April nächstes Jahr mindestens 610.000 Unterschriften zu sammeln, was 10 Prozent aller Wahlberechtigten bedeutet, damit der Landtag über den Gesetzentwurf des Volksbegehrens abstimmen muss. Der Unterschriftenanteil des Altkreises Norden daran umfasst 7.320 Unterschriften. Angerechnet werden die rund 1000 bereits vorliegenden Unterschriften, so dass nur noch 6320 gesammelt werden müssen, wofür die Gruppe einen akribischen Plan schmiedet, in dem unter anderem Infostände in Dornum, Großheide, Hage, Krummhörn, Marienhafe und Norden vorgesehen sind, wann immer das Wetter es zulässt. Auch sollen bis zum Sommer des nächsten Jahres mehrere größere Veranstaltungen durchgeführt werden, sofern diese nicht durch einen zweiten Lockdown wegen der Pandemie verhindert werden.