Imkervereine: Wissensvermittlung und Prüfungen aus einer Hand

Kreisimkerverband Norden diskutiert mit MdL Matthias Arends über den landesweit geplanten „Imkerführerschein“ – Kein „Bürokratiemonster“ schaffen

Der Vorsitzende des Kreisimkerverbandes (zugleich Vorsitzender des Imkervereins Norden), Thorsten de Buhr (l.) und der Vorsitzende des Imkervereins Emden-Krummhörn, Christian Ruhr (M.), haben sich am Wochenende (5. Juni 2021) mit dem Emder SPD-Landtagsabgeordneten Matthias Arends in Hage zu einem Meinungsaustausch zum Thema „Imkerführerschein“ getroffen.

Norden/Emden – Ohne sichtbare Blessuren konnte sich der Emder Landtagsabgeordnete Matthias Arends von einem zweistündigen Meinungsaustausch mit dem Vorsitzenden des Kreisimkerverbandes Norden, Thorsten de Buhr, und dem Vorsitzenden des Imkervereins Emden-Krummhörn, Christian Ruhr, wieder auf den Heimweg nach Emden machen. Mit den beiden Imkern hatte das Ganze natürlich nichts zu tun. Vielmehr hatte der SPD-Landespolitiker die Bekanntschaft mit Buckfast und Carnika gemacht – zwei Bienengruppen, die zuhauf im Garten von Thorsten de Buhr umherflogen und es auf den servierten süßen Kuchen der – coronabedingt – Open-Air-Gesprächsrunde abgesehen hatten. In diesem Fall durchaus von Vorteil – die Gesprächsteilnehmer blieben von Bienenstichen verschont.

Der Landtagsabgeordnete war einer Einladung des Kreisimkerverbandes Norden nach Hage gefolgt. Dem Kreisverband gehören die Imkervereine Dornum, Emden-Krummhörn, Marienhafe und Norden an. Thema war die geplante Einführung eines „Imkerführerscheins“. Wie berichtet, fordern die Fraktionen von SPD und CDU im Niedersächsischen Landtag einen Sachkundenachweis für Imkerinnen und Imker, die sich hobbymäßig der Bienenhaltung widmen. Ein entsprechender Antrag ist in den Landtag bereits vor einigen Wochen eingebracht worden. Ziel sei es, so SPD-Fraktionschefin Johanne Modder damals gegenüber der Presse, eine bundesweite Einführung des Wissensnachweises.

Mit dem Vorgehen sehen sich die beiden Regierungsfraktionen in Hannover einig mit dem Anliegen der Imkerverbände. Ziel der Initiative ist insbesondere der artgerechte Umgang mit den Bienenvölkern. Allerdings bieten auch heute schon und seit Jahren die Imkervereine Schulungen für Neuimker- und -imkerinnen an. Auch Auffrischungs- oder Vertiefungskurse gehören zum Repertoire, wie die beiden Imkervereinsvorsitzenden am Wochenende gegenüber dem Landespolitiker Arends abermals hervorhoben. Thorsten de Buhr und Christian Ruhr betonten dabei, dass die Imkervereine der Initiative der beiden Regierungsfraktionen grundsätzlich positiv gegenüberstünden. Sie warnten jedoch davor, auf dem Gesetzeswege ein „Bürokratiemonster“ zu schaffen. So müssen aus Sicht von de Buhr und Ruhr die komplette Ausbildung in Theorie und Praxis und die Prüfung innerhalb der Vereine stattfinden. „Eine externe Prüfung, wie zeitweise innerhalb der Landesregierung debattiert, lehnen wir ab“, so die beiden Imker einhellig, die sich auch eine stärkere Einbindung der Veterinärämter wünschen. Schließlich sei Honig ein Lebensmittel und somit die sachgerechte Herstellung unabdingbar. 

Was von der Politik gefordert werde, so die Vorsitzenden weiter, würden die meisten Imkervereine im Land bereits seit vielen Jahren durchführen. Neben der theoretischen Wissensvermittlung und dem anschließenden Praxisteil müssen die Kursteilnehmer und Teilnehmerinnen auch eine Prüfung, den sogenannten Honigschein, ablegen. „Es geht schließlich ums Tierwohl und da ist das Wissen um die Zusammenhänge in einem Bienenvolk von eminenter Bedeutung“, weiß de Buhr um die Komplexität des Themas. 

Bei der Imkerei außerhalb der Imkervereine sehen jedoch auch de Buhr und Ruhr Probleme, insbesondere die Gefahr, dass Anfänger und Anfängerinnen ein zu geringes Fachwissen über die komplexen Vorgänge in einem Bienenvolk hätten. „Das kann dann schnell schiefgehen und die Bienenvölker überleben nicht. Es darf nicht sein, dass jemand in die leere Beute (Behausung für Bienen) schaut“, raten die beiden erfahrenen Imker im Interesse des Tierwohls, das Fachwissen und die jahrelangen Erfahrungen der Vereinsmitglieder durch eine Mitgliedschaft zu nutzen. In diesem Zusammenhang stößt bei den beiden Imkern die sogenannte Easy-Bee-Box eines Anbieters auf Kritik. Laut Hersteller soll sie einfach in der Handhabung sein und ohne jede „Vorerfahrung sowie ohne Schutzausrüstung und mit geringem Zeitaufwand“ zu betreiben sein. „Das ist nicht praktikabel und wird den Tieren in keinster Weise gerecht“, spricht der erfahrene Imker de Buhr sogar von Tierquälerei. „Das müsste verboten werden.“ 

Das Interesse an den Imkerkursen ist groß, wie de Buhr und Ruhr gegenüber Matthias Arends erklärten. Im letzten und in diesem Jahr allerdings machte beziehungsweise macht die Corona-Pandemie den Imkervereinen einen dicken Strich durch die Rechnung. „Die Warteliste ist entsprechend lang“, hoffen de Buhr und Ruhr, bald wieder Kurse anbieten zu dürfen. 

Sorgenvoll blicken die beiden Imker dagegen auf den Zustand der Natur. „Wir als Imker bekommen ja umgehend Rückmeldung, wenn irgendetwas mit unserer Umwelt nicht stimmt“, wies de Buhr am Wochenende auf den immensen Rückgang der Bienenvölker auch in Deutschland hin. „Heute zählen wir etwa 800000 Völker, vor 100 Jahren waren es 2,6 Millionen“, nennen die Imker unter anderem die enorme Strukturveränderung in der Landwirtschaft als einen Grund für die besorgniserregende Entwicklung. So liegt nach de Buhrs Angaben die Honigausbeute in der Region bei etwa 19 Kilogramm pro Volk und Jahr. In Süddeutschland mit seiner teilweisen kleinteiligeren Landwirtschaft seien es dagegen 30 Kilogramm. „Bei uns gibt es für die Bienen größtenteils nur den Raps als Hauptnahrungsquelle“, warnte de Buhr vor einer weiteren Verknappung des Angebotes. „Unabhängig davon muss mehr getan werden, um das voranschreitende Artensterben aufzuhalten“, spricht de Buhr von einer dramatischen Entwicklung: „Sowohl in der Landwirtschaft als auch in den Privatgärten muss das Umfeld stimmen. Allein ein Bienenvolk in den Garten stellen ist kein Naturschutz“, fordern de Buhr und Ruhr ein mehr an Engagement. 

Bei Matthias Arends stießen die Ausführungen der Imker auf großes Interesse. Er stimmte mit ihnen überein, dass eine kompetente Wissensvermittlung für die artgerechte Imkerei unabdingbar sei. Der gemeinsame Antrag seiner eigenen und der CDU-Fraktion befände sich derzeit im Verfahren. Im Verlauf der weiteren Beratung würden auch die Imker-Landesverbände Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Der Landtagsabgeordnete gehört dem zuständigen Fachausschuss nicht an. Er will sich, so Ahrends am Wochenende, mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen in Verbindung setzen und die Thematik vertiefen. Nach seiner Einschätzung wird es eine endgültige Entscheidung über das neue Gesetz wohl nicht vor der parlamentarischen Sommerpause geben. /RF